Das geltende Adelsrecht

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    Grundlagen des deutschen Adelsrechtes – Familien- und Erbrecht, Adelstitel und Namensrecht

    Das Adelsrecht kann in Deutschland auf eine lange Geschichte zurückblicken. So gibt es dieses hier zwar bereits seit über 1.500 Jahren. Nicht zuletzt wegen der wesentlichen politischen Umbrüche in den letzten 100 bis 200 Jahren und dem damit verbundenen Rückgang der Adelshäuser und ihrer Angehörigen hat es jedoch stark an rechtlicher Bedeutung verloren. Umso interessanter erscheint daher die Tatsache, dass es noch heute sowohl gesetzliche Regelungen und Möglichkeiten, als auch gelebte Sonderregeln für Adelsangehörige sowie all jene, die zum Adel mit einem Adelstitel dazugehören wollen, gibt.

    Die Historie des deutschen Adelsrechtes und der Adelstitel kann bis in das 6. Jahrhundert n. Chr. zurückverfolgt werden, als der fränkische König Chlodwig I. das ‘Lex Salica’ schuf. Dieses wurde als germanisches Stammesrecht für den Adel des Frankenreiches erlassen und enthielt vor allem Regelungen für die Angehörigen des deutschen Adels. Das Lex Salica, das auch als salisches Recht bekannt ist, war außerdem ein Bestandteil des damaligen öffentlichen Rechtes. Als solches war es zwar für jeden Bürger gültig, enthielt zugleich aber auch zahlreiche Ausnahmeregelungen für den Kreis der Adligen. So grenzte es die Adligen selbst ausdrücklich vom Bürgertum ab, begründete aber auch Vorschriften für Nichtadlige, die in den Adelsstand eintreten und einen Adelstitel erhalten wollten.

    Später wurde der Adel außerdem in verschiedene Klassen eingeteilt. So wurden beispielsweise die Mitglieder der engeren Familien des bayrischen, preußischen sowie sächsischen Königshauses dem höheren Adel zugeordnet. Für diesen galten in vielen Rechtsgebieten besondere Ausnahmeregelungen. So gab es bereits damals ein Prozessrecht, aber auch gesetzliche Regelungen bezüglich der Familienzugehörigkeit, Entmündigungstatbeständen sowie Erbschaftsangelegenheiten, in denen der höhrere Adel rechtlich anders behandelt wurde. Hier oblag dem Hochadel sogar nach Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches in 1900 noch eine Sonderrolle, indem vom allgemeinen Privatrecht abweichende Regelungen in einem ‘Hausgesetz’ getroffen werden konnten. Und auch in finanzieller Hinsicht war der Adel hier im Gesetz besser gestellt, denn so blieb dieser von jeglicher Steuer- und Zollpflicht gänzlich unberührt.

    Um die rechtlichen Angelegenheiten des Adels zu bündeln und diesen hier besser betreuen zu können, errichtete der preußische König Friedrich Wilhelm IV. im Jahr 1855 sogar eine eigene Behörde für Adlige und ihre Adelstitel. Dieses auch als ‘Heroldsamt’ bekannte Amt setzte das Adelsrecht strikt durch, wie ein Fall aus 1907 zeigt: hier benutzte jemand anstelle seines richtigen Namens ‘van Hebel’ den Adelstitel ‘von Hebel’ auf seinem Türschild. Da dieser ihm rechtlich jedoch nicht zustand, wurde der Verstoß von der Polizei geahndet und die Fürung dieses Titels durch das Heroldsamt ausrücklich verboten.

    Das deutsche Adelsrecht nach dem Ende der Monarchie

    Das von Chlodwig I. geschaffene salische Recht hatte in Deutschland grundsätzlich immerhin bis zum Ende der Monarchie in 1918 Bestand. Die danach in Kraft getretene Weimarer Reichsverfassung sah in ihrem Art. 109 vor, dass Vorrechte aufgrund öffentlich-rechtlicher Regelungen oder Nachteile, die wegen der Geburt oder wegen des Standes entstehen, aufzuheben seien. Damit wurde die gesetzliche Sonderstellung des Adels aufgehoben, wodurch der gesamte Adelsstand an Attraktivität verloren hatte. Fortan galten Adelstitel lediglich als Namensbestandteil, die sodann nicht mehr vergeben werden konnten, wodurch die Adelstitel zugleich leichter zugänglich und übertragbar waren. So konnten Adelstitel nunmehr auch durch eine Adoption, außereheliche Geburt oder Namensänderungen im Rahmen einer Eheschließung grundsätzlich jedem zufallen und es kam fortan nicht mehr auf adelsrechtliche Berechtigungen an.

    Dennoch wird noch heute durch den Deutschen Adelsrechtsausschuss (ARA) geprüft, ob ein Adelstitel in der korrekten historischen Weise geführt wird. So wurde das ARA nach dem II. Weltkrieg als sonderprivatrechtliche Institution geschaffen, weshalb sie nicht mehr mit dem preußischen Heroldsamt vergleichbar ist. Der ARA prüft die Zugehörigkeit zum ‘historischen Adel’ anhand des salischen Rechts; seine Entscheidungen sind jedoch für jeden, der kein Mitgleid ist, nicht bindend.

    Worin unterscheiden sich Adelstitel, Adelsprädikat und Prädikatstitel?

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    Neben dem Adelstitel tauchen gegenwärtig häufig auch die Begriffe Adelsprädikat und Prädikatstitel auf. Dabei bezeichnet der Adelstitel die gesellschaftliche Stellung seines Trägers. So war der Adelstitel auch in der Weimarer Verfassung noch für die Ermittlung des jeweiligen protokollarischen Ranges wichtig. In diesem Rangsystem war der Kaiser der höchste Rang, gefolgt von König, Herzog, Fürst, Baron, Graf, Freiherr, Ritter, Edler und Junker als unterstem Rang. Dabei waren jedem dieser Adelstitel unterschiedliche Anredeformen zugeordnet. Diese werden als Adelsprädikat bezeichnet und erforderten zum Beispiel die Anrede eines Herzoges als königliche Hoheit, während in den untergeordneten Rängen Grafen lediglich als Hoheit oder Freiherren lediglich als Hochwohlgebohrene betitelt wurden. Schließlich trifft man das Adelsprädikat heute regelmäßig bei Namen in allen Gesellschaftsschichten an. Dahinter verbirgt sich der Namenszusatz, der einst Adlige als solche gekennzeichnet hat. Hier gibt es vor allem das ‘von’ als Herkunftsbezeichnung oder das ‘zu’, das einen Wohnsitzwechsel – beispielsweise ‘von Weißenfels zu Schwarzfels’, bezeichnet. Denkbar ist jedoch auch die Kombination ‘von und zu’, mit dem der Uradel seinen jahrelangen Stammsitz kenntlichen gemacht hat.

    Adelsprädikate im Namensrecht

    Heute ist das Adelsprädikat nur noch den Regelungen des Namensrechtes unterworfen. Daher ist es auch einfacher, einen adligen Namen auf verschiedenen Wegen zu erhalten und eine Namensänderung durchzuführen.

    Hier kommt es regelmäßig zum Erwerb eines Adelsprädikates durch – eheliche oder nichteheliche – Geburt sowie durch Namensänderungen, die in Folge einer Eheschließung oder Adoption erfolgen. Dabei sind viele Kombinationen denkbar – so ist es auch möglich, dass eine Frau das Adelsprädikat als Namensbestandteil ihres Ehemannes erwirbt und dieses bei einer Scheidung und erneuten Eheschließlung an einen Dritten weitergibt. Der Erwerb eines Adelsprädikates durch die reine Beantragung einer Namensänderung ist regelmäßig jedoch nicht möglich. Denn eine solche ist nur unter strengen Voraussetzungen möglich, wobei eine psychische Belastung des Namensträgers aufgrund des Namens nachgewiesen werden muss. Die Nichtadligkeit eines Namens dürfte diese Kriterien praktisch jedoch nicht erfüllen.

    Adelig werden durch Geburt, Heirat oder Adoption

    Was bedeutet es jedoch, adelig zu sein? Wie man anhand der Möglichkeiten zum Erwerb eines Adelsprädikates erkennt, bedeutet ein ‘von’ oder ‘zu’ vor dem Namen noch nicht, dass man adlig ist. Erst ein Adelstitel erhebt einen in den Adelsstand. So war das Adelsprädikat früher eng mit dem Adelstitel selbst verknüpft, weshalb ein solches entsprechend der ARA auch keine Adelszugehörigkeit begründet. Heute ist der Eintritt in den klassischen Adel gegenwärtig nur noch Frauen möglich, die mit einer Heirat einen Adelstitel erwerben, diesen aber im Falle einer Scheidung wieder verlieren. Gleichzeitig kann eine Frau ihren Adelstitel dann auch nicht an ihre Kinder oder einen etwaigen zweiten Ehemann weitergeben. Außerdem werden auch uneheliche Kinder eines adeligen Vaters nicht als Adlige anerkannt und führen auch die im Rahmen einer Adoption geschaffenen Familienrechtsverhältnisse nicht dazu, dass Kinder in den Adelsstand erhoben werden.

    Adelstitel erwerben – Adelig durch Kauf

    Kann man sich tatsächlich in den Adelsstand einkaufen? Wer in den Adelsstand eintreten und damit einen Adelstitel führen will, muss sich mit den Möglichkeiten der Adoption oder Heirat begnügen. So kommt es vor, dass gegen die Zahlung hoher Geldbeträge und durch Vermittler vor allem Erwachsenenadoptionen vorgenommen werden. Als äußerst prominentes Beispiel kann hier Prinz Marcus von Anhalt genannt werden, der sich als vermögender Bordelleigentümer einen Adelstitel kaufte, indem er sich 2006 von Frédéric von Anhalt und dessen Frau Zsa Zsa Gabor adoptieren ließ. Bei der gekauften Adoption von Erwachsenen wird jedoch regelmäßig die zumeist schwer nachweisbare ‘sittliche Rechtfertigung’ geprüft. Außerdem stellt der käufliche Adelstitel-Erwerb durch Adoption ein hohes finanzielles Risiko dar. Denn so entschied der Bundesgerichtshof 1997, dass das Vermitteln einer Adoption gegen Geld, die mit einem Adelstitel verbunden ist, sittenwidrig ist, wodurch jegliche vertraglichen Vereinbarungen nichtig sind und der Vermittler dem Käufer zivilrechtlich nichts schuldet. Hier bleibt dem Käufer, der letztlich nicht von einem Adligen adoptiert wird, lediglich die Möglichkeit der Anzeige des Betruges mit der Hoffnung, das Geld im Rahmen eines Zivilprozesses zurück zu erstreiten.

    Adelsrecht – Regelungen in der Erbfolge und im Erbrecht

    Bevor die Weimarer Verfassung in Kraft getreten ist, bestand für den Hochadel die Möglichkeit, sich eigene familien- und erbrechtliche Gesetze zu schaffen. Dies geschah durch Hausgesetze oder Hausordnungen. Obwohl diese Möglichkeit heute nicht mehr besteht, beachten die meisten adeligen Familien jedoch die Regelungen ihrer adeligen Vorfahren, indem hier privatrechtliche Verträge (insbesondere Erb- und Eheverträge) nach dem BGB abgeschlossen werden. Deren Vereinbarkeit mit dem Zivilrecht und hier vor allem dem Erb- und Familienrecht wird im Einzelfall geprüft, was beispielsweise durch den Bundesgerichtshof in 1998 im Fall eines Erbvertrages der Familie Preußen geschah. Dieser wurde durch den Bundesgerichtshof zunächst für gültig erklärt, was jedoch durch das Bundesverfassungsgericht 2004 korrigiert wurde, da er gegen die Eheschließungsfreiheit aus Art. 6 Absatz 1 Grundgesetz verstieß.

    Schließlich ist vor allem die Ordnung der Erbfolge, die sogenannte ‘Primogenitur’, Bestandteil adliger Hausgesetze oder Hausordnungen. Demnach ist meist das erstgeborene oder älteste Kind Alleinerbe, was jedoch mit dem heutigen Erbrecht und hier insbesondere mit dem Prinzip des Pflichtteils unvereinbar ist. Insofern hat sich aber die adelige Tradition fortgesetzt, nach der der älteste Sohn den gesamten Besitz, der nach Berücksichtigung aller jeweiligen Pflichtteile übrig ist, erbt. Dabei wird die faktische Primogenitur nicht zuletzt auch durch Testamente, Erbverträge, Pflichtteilsverzichte sowie Gestaltungen zur Pflichtteilsreduzierung durchgesetzt.

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